…wenn man den vierten Wendepunkt der Einer Speed Area Task nicht anfliegt, weil man eigentlich nur noch wieder nach Hause will, dann könnte man sich doch massiv in den Allerwertesten beißen. Wie kann man nur so unfassbar blöd sein? Ich weiß es echt nicht. Aber der Reihe nach.
30. Bad Breisiger Segelflugwoche, und der Quoten-Ossi natürlich mittendrin. Dankenswerter Weise haben mir meine Kameraden vom Aeroclub Perleberg noch einmal die LS1 zur Verfügung gestellt, damit ich hier mitfliegen kann. Da ich bei der Anmeldung nicht wissen konnte, ob und wann ich in Stuttgart einen neuen Verein finde war klar, dass ich mit der Else fliegen musste. Selbst wenn mir mein neuer Verein einen Fliger zur Verfügung gestellt hätte, wäre da immernoch das Problem mit der mangelnden Erfahrung auf der Kiste geblieben. Also Else. Dafür am ersten Maiwochenende mal eben 700km in die Prignitz gegondelt und den Kahn abgeholt. Am Sonntag gleich noch zwei Starts und gut 40 Minuten Flugzeit, um uns wieder aneinander zu gewöhnen. Hat geklappt. Vor allem waren die Landungen sauber, was mich wirklich gefreut hat, weil ich den Bock sonst immer irgendwie unschön hingeschmissen habe. Wershofen lässt grüßen… Dann noch ein Start im Bergfalken, und gucke da, selbst die Kiste fliegt irggendwie. Nicht schön, aber sie fliegt.
Montag dann die 630 Kilometer auf die Mönchsheide. Zuvor freilich die obligatorische Kiste Neuzeller Klosterbräu Kirsch geholt und dann ab auf die Bahn. Natürlich viel zu spät, dieses Mal aber unverschuldet, da das Auto vorher noch zur Inspektion musste. 15.30 Anfahrt in Wittenberge, 0.30 Ankunft auf der Heide. Dankenswerter Weise ließ mich unser Wetterfrosch in einem der bereits aufgebauten Zelte übernachten und es blieb mir erspart, mein neues Einfamilienhaus aus Stoff und Stangen in der Nacht aufbauen zu müssen.
Der Dienstag ging völlig für Vorbereitungen drauf und fand sein Finale in der Panoramasauna Holzweiler. Das war bei dem Sauwetter auch viel besser als Fliegen. Für Mittwoch stand dann eigentlich nur eine erweiterte Platzrunde an, um nochmal nach Außenlandefeldern für den Fall eines missglückten F-Schlepps zu gucken. Allerdings lud das Hammerwetter dann doch zu einer gewaltig erweiterten Platzrunde ein, zumal Thorsten vom LV Mönchsheide sich als Rückholer angeboten hatte. Also gings von der Heide erstmal nach Norden bis kurz vor eine gut sichtbare Antennenkuppel. Vorm Charlie von Frankfurt 90 Grad links in zum Radioteleskop Effelsberg und weiter zum Nürburgring. Das war eine Empfehlung von Thorsten und sah aus der Luft echt spannend aus. Dann war ich eigentlich schon wieder auf Kurs zurück, aber irgendwie waren die Wolken doch zu verlockend. Also nochmal Schwenk nach rechts und Industrieruinen-Sightseeing am Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich. Schöne Runde. Gute zweieinhalb Stunden später setze ich die Else ins Gras der Mönchsheide und bin zufrieden, dass die Technik soweit funktioniert. Aber ich sitze noch immer beschissen. Aber da Empfängt mich Alice vom LV Mönchsheide wie ein rettender Engel und empfiehlt mir, eins der Sitzkssen zwischen Rücken und Schirm zu stopfen. Und tatsächlich: Ich konnte ohne sitzschalenbedingten Lendenwirbelschmerz völlig entspannt im Cockpit Lümmeln. Der Hammer! Der Rest des Tages ging für das übliche Shake Hands drauf, denn als eininziger Teilnehmer mit ostdeutschem Migrationshintergrund kannten mich natürlich alle. Schön, die ganze Meute wiederzusehen.
Himmerlfahrt. Erster Wettbewerbstag. Pünktlich den Flieger aufgebaut und angesichts der eindeutigen Windverhältnisse noch vor dem Briefing an den Start gezerrt. Erster! Das Verschafft Zeit, wenn es losgeht. Das Erste Briefing sah noch eine AAT über die Wendepunkte Garbenheimer Wiesen, Schmallenberg-Rennefeld, Bad Marienberg und Wershofen vor, eine Stunde später wurde Wershofen Wetterbedingt wegrationalisiert. Blieb immernoch ein ordentliches Stück Flugarbeit, denn die Bedingungen waren bei weitem nicht so perfekt wie am Vortag, als mehrere tausender in Deutschland geflogen wurden und sogar ein Kollege mit einer LS1c mehr als 860km abgerissen hat. RESPEKT!
Tatsächlich gelingt es mir nach dem Start, mich irgendwie auf Abflughöhe hochzumogeln. Bis zur Abflugline verbrate ich allein 400 Meter und Fluche gar fürchterlich ob meiner Dummheit. Aber irgendwie hangele ich mich dann doch in Richtung des ersten Wendepunktes. Auf der östlichen Rheinseite geht es für meine Begriffe spürbar besser als im Westen. Allerdings ist man stellenweise besser beraten einfach geradeaus einen Meter Steigen mitzunehmen als einzkreisen und die Hälfte der Runde durchs Saufen zu fliegen. Irgendwann nach gut zwei Stunden, immernoch meilenweit entfernt von der ersten Wende bin ich auf 600 Meter AGL runter und gucke bereits nach landbaren Feldern. Da genug Braun in der Umgebung ist, kann ich hier weiter Kreisen. Kreisen bring an dem kleinen Höhenzug mit der Markanten Antenne direkt unter Mir aber keine Punkte, also gehts viermal die Nase im Wind am Hang entlang. So hole ich mir gute 400 Meter und kann dann weiter oben auch ordentlich kreisen. Hier irgendwo treffe ich auch die Bravo Mike mit Thomas und Dennis, aber die Duo fliegt entspannt mit irgendwas um die 150 Sachen vor, wohingegen ich mir mit Tempo 90 wie ein unbeleuchtetes Luftfahrthindernis vorkomme.
Zuerst fliege ich in den Zylinder des letzten Wendepunktes, weil der fast auf dem Weg liegt und die Wolken dort besser aussehen, dann biege ich nach rechts ab und pikse den Zylinder der Garbenheimer Wiesen an. Ab auf Nordkurs und ran an die 30-Kilometer-Röhre um Schmallenberg-Rennefeld. Unter mir sehe ich orgendeine Talsperre und weiß, ok, der Zylinder ist im Sack. Also wieder kehrt und zurück in Richtung Flughafen Siegerland, dort hatte ich schon auf dem Hinflug Hallo gesagt und der Platz wäre ne gangbare Alternative zur Außenlandung im Dreck. Über dem Flugplatz Siegen komme ich mit vielleicht 500 Meter AGL an und finde hier endlich wieder einen Bart, der wirklich geht und knappe 1000 Meter bringt. Mit der Höhe und angesichts der Tatsache, dass mir mein mit XCSoar getuntes mobiles Fernsprechendgerät schon dreimal gesagt hat, dass meine Ankunft nach Sonnenuntergang stattfinden wird lasse ich mich zu einer Abkürzung unter dem Charlie von Frankfurt durch hinreißen und verpasse ganz gepflegt die dritte Wende. Gottseidank ahne ich auf den umkämpften letzten 30 Kilometern nichts davon, denn im Glauben, endlich mal rumzukommen, feile ich jeden Bart bis zum letzten aus – bzw. so weit mich der Deckel des Luftraums lässt. Nach guten viereinhalb Stunden quere ich den Rhein und melde mich an. Da ich viel zu hoch bin – Zitat Andreas: „Ohne Fernglas hätte ich die Kennung nicht lesen können.“ – kreise ich mich nach unten und werfe die Else mit einer Mittwochlandung ins Gras. Unten und rum. Denke ich jedenfalls. Das böse Erwachen kommt bei der Auswertung. Zylinder verfehlt, Flug ungültig. Ich bin pappsatt.
Allerdings: Erster Wettbewerbstag und unverletzt mit einem völlig intakten Flugzeug am Zielflugplatz angekommen. Das hatte ich bis dato noch nicht.