Aktuell ist es wirklich so, dass ich dem Erlebten schreiberisch kaum hinterher komme. Angesichts des coronabedingt verstpäteten Saisonstarts scheine ich all das nachholen zu wollen, was in er ersten Jahreshälfte liegengeblieben ist.
Tatsächlich gab es vor meinem Sightseeing-Flug über Gera noch ein Episode, die hier zumindest kurz Erwähnung finden sollte. Direkt von Riesa ging es nach einem Zwischenstopp zuhause nämlich nach Nastätten. Hier, so der Plan, wollte ich eine Einweisung auf Ultraleichtsegelflugzeuge machen. Natürlich berufsbedingt, für eine Reportage im aerokurier. Konkret hieß das, einen Start auf einer ASK 21 mit Harro Renth, Fluglehrer und Ausbilder beim Deutschen Verband zur Förderung des Sports mit Leichten Luftsportgeräten, kurz DVLL, und anschließend die Umschulung auf den Banjo. Wie üblich will ich nicht groß spoilern – sonst muss ja keiner mehr den aerokurier lesen – aber s sei so viel gesagt, dass ultraleichte Segelflugzeuge eine ganz andere Welt sind. Vom Aufrüsten angefangen – „Ähm, ist das alles oder kommt da noch Gewicht??“ – über den Start hinterm Trike, bei dem man nach gefühlt fünf Metern Rollstrecke in der Luft ist bis hin zum federleichten Fliegen und der Erkenntnis, dass schon leichter Gegenwind jede Landung zum Sarajevo-Approach macht. Nach drei starts und rund 60 Flugminuten im Banjo reckt Harro Renth den Daumen in die Höhe und gratuliert mir zum Ultraleichtschein für Segelflugzeuge. So mein Medical irgendwann mal ausläuft habe ich also die Chance, in dieser Klasse mit nahezu unglaublichen Freiheiten zu fliegen. Zwar nur Banjo, aber immerhin.
Eine Woche nach Gera habe ich mal wieder gemuggelt. Der Arcus stand rum, das Wetter sah brauchbar aus und ein Co-Pilot fand sich auch schnell. Nach bissl rumdaddeln und gemeinsamem Kreisen mit unserer Husky reichte die Thermik doch, dass selbst ich als Streckenflug-Versager bis zum Klippeneck und wieder zurück kam. Unterwegs trafen wir auf eine PIK-20E, unseren K1 und am Klippeneck auf eine Pilatus B4, wobei zumindest PIK und B4 zwei Muster sind, die man gar nicht so häufig am Himmel sieht.
Am Sonntag sattelte ich einmal mehr die 59 und zerrte sie nach Sinsheim. Hier hat meine Beziehung zu diesem Muster erst richtig angefangen, nachdem ich nach zwei Starts auf der Fördervereins-SZD in Landsberg nur noch genervt war von der vermeintlich beschissenen Sitzposition. In der Werkstatt des FSR Kraichgau aber habe ich mehr als eine Stunde Sitzprobe in Robins RK gemacht, mit GFK-Klotz in der Schale, ohne GFK-Klotz in der Schale, mit zig gerollten Handtückern hier und da und dort. Und irgendwann kam die Erkenntnis: scheiß drauf, für 20 Minuten Kunstflug gehts allemal.
Eine Sitzprobe am Boden und ein Besuch für eine aerokurier-Story über den Rolliflieger Martin Köhl reichen aber freilich nicht, um mir den Platz in meine Liste zu schreiben. Also heißt es: fliegen! Noch am Abend zuvor hatte ich mit mehreren Sinsheimern telefoniert, weil ich Robin zunächst nicht ans Rohr bekam. Aber Sonntag früh weiß ich, dass er auch da ist. Kaum angekommen, wird die 59 unter kompetenter Leitung zusammengesteckt und an den Start geschoben. Kurze Flächen, Visiere, Winde. Mal gucken. Short Story ganz short: Es ging nicht. Die Auskuppelhöhen reichten nichtmal, um ne ordentliche Sightseeingrunde über dem Museum mit Tu-144 und Concorde zu drehen. Ich lande lediglich um die Erkenntnis reicher, dass der Platz echt mitten in der City liegt und keine Fehler bei Startunterbrechung oder Landeeinteilung verzeiht.
Um allzu großer Frustration vorzubeugen, stelle ich mich direkt nochmal an den F-Schlepp und gönne mir einen Start auf 1250 Meter Höhe. Vor mir klemmt wieder Robins Advanced-Kür, die ich allerdings um eine ganze gerissene erweitert habe, um auch diese Figur zu trainieren. Da ich nicht wirklich gut vorbereitet bin, fliege ich die Viertelab direkt nach dem Weibchen, obwohl da eigentlich noch ein Turn auf der gleichen Linie gekommen wäre. Am Ende wirds ein ziemliches Durcheinander garniert mit mieser Positionierung und fehlender Figurntrennung, also klassisch 50 Euro zum Fenster rausgeworfen. Nunja. Als ich wieder am Boden bin, kommentiert Robins Freundin Suna meine Performance mit dem lapidaren Satz „So wie du am Boden rumläufst, so fliegst du auch.“ Das schlimme ist, ich weiß genau, was sie meint.
Zum Abschluss will ich mir eigentlich noch einen Windenstart gönnen, allerdings überrascht mich mein Flugzeug mit einem platten Reifen. Subbor Sach. Das Ventil steckt auch so weit drinnen, dass man nicht mal mit einer Ventilverlängerung dran kommt. Unter Robins Anleitung lerne ich, wie man bei der 59 das Rad ausbaut, und stehe anschließend in der Werkstatt, um die Felge auseinander zu fummeln und den Schlauch zu prüfen. Ein Tauchbad bringt aber kein Loch zutage, es blubbert nirgendwo. Also alles wieder zusammenbauen, Flieger verpacken und bei einer Cola den Tag ausklingen lassen. Gab schon schlechtere.
Offene Klasse, pt. II
Nur eine Woche später fahre ich wieder Richtung Sinsheim, aber dieses Mal ohne Flugzeug und noch weiter. Ludwigshafen-Dannstadt ist das Ziel, hier wartet das zweite Flugzeug der alten Offenen Klasse auf mich: die Sportinė Aviacija LAK-12. Als ich auf den Trichter kam, die vier alten Langohren für den aerokurier zu porträtieren, war ich fest überzeugt davon, dass dieses Muster am schwersten zu finden sein würde. Tatsächlich hatte ich nach der Jantar 2B-Aktion recht schnell zwei Flugzeuge im Auge, die in Roitzschjora hatte allerdings nur noch ein paar Tage ARC, und irgendwer gab mir dann den Tipp, dass in Ludwigshafen-Dannstadt wohl eine fliegt.
Peter, Kopf der LAK-12-Haltergemeinschaft, war relativ schnell überzeugt, dass das eine schöne Sache sei und vielleicht auch ein bisschen scharf auf nette Bilder von seinem Flugzeug. Am Freitagabend hatten wir uns für das Fotoshooting verabredet, und dank der Nähe zu Bensheim konnte ich einmal mehr auf Moritz und die Bensheimer Husky als kombiniertes Schlepp-/Fotoflugzeug zurückgreifen. Dankenswerter Weise ist der Kahn schon aufgerüstet, als ich in Dannstadt aufschlage, denn eine Fläche der LAK wiegt 108 Kilo! Nach einer guten halben Stunde ist alles im Kasten, und ich lasse mir von Peter bei einer Weinschorle noch erzählen, wie sie zu diesem außergewöhnlichen Muster gekommen sind.
Am nächsten Vormittag ist erstmal Regen angesagt, aber die Prognose für Mittag und Nachmittag ist gut. Das gibt mir genug Zeit für intensives Handbuchstudium. Folgt man den Ausführungen des Herstellers, könnte man den Eindruck gewinnen, dass die LAK-12 absolut harmlos zu fliegen ist. Witzig: Selbst Kunstflugmanöver sind im Handbuch beschrieben – eigentlich ein Witz bei dem fetten Bock. Besonders interessiert mich das Ausleiten des Trudelns, denn natürlich will ich wissen, wie sie sich im Grenzbereich verhält. Vorbildlich: Am Ende des Handbuchs hat der Hersteller mehrere V-N-Diagramm für unterschiedliche Beladungszustände und Wölbklappenstellungen eingefügt. Sowas würde ich mir für alle Muster wünschen!
Nach ellenlanger Suche nach der passenden Sitzposition, einer Einweisung in die ausgefallene, aber wirksame Fahrwerskinematik und einem etwas wackligen Start verbringe ich eine gute Stunde mit der LAK in der Luft. Details gibts im aerokurier, aber so viel sei verraten: Es war das Flugzeug mit der am wenigsten definierten Steuerung, das ich je geflogen bin. Nie zuvor war mir so unklar, was genau bei der und der Bewegung am Knüppel passieren würde. Im Höhenruder ist sie direkt, aber die Querruder sind maximal schwammig, vor allem unter 100 km/h. Das Seitenruder funktioniert aufgrund seiner kleinen Fläche nur digital: an oder aus. Allerdings, und das überraschte mich dann doch, lässt sie sich bei 90 in der Thermik nahezu auf dem Teller drehen. Und ja, sie trudelt, lässt sich aber völlig unkompliziert wieder einfangen. Die Landung gelingt leidlich gut, nachdem sie aufgesetzt ist, lasse ich sie noch einmal abheben, bis sie wirklich rollt. Nicht schön, aber safe. Alles in allem eine außergewöhnliche Begegnung.
Auf dem Rückweg besuche ich noch einen Kollegen im Odenwald und checke gegen 19.30 Uhr in Malsch ein, denn hier fliegt Robin an diesem Abend eine Pyro-Show. Da kann ich mich noch beim Flugzeugschieben und Ablöschen nach der Landung nützlich machen. Viele andere Kunstflieger sind auch da. Außerdem treffe ich hier einen Leser meines Blogs, der behauptet, einer seiner Fluglehrer von den Luftsportfreunden Wesel sei mal von mir erwähnt worden. Eine Recherche ergibt, dass das Sascha war, der mich vor meinem ersten Alleinflug überprüft hat. Klein ist die Welt. Irgendwann gegen Mitternach rolle ich vom Hof und träume auf der Heimfahrt von meinem ersten Display vor Publikum. Bögchen und Schleifchen zu schöner Musik. Total entspannt.