Oberhammerwochenende im Hunderttausendeuro-Flieger

Im Rückblick eines der besten Wochenenden, die ich in fliegerischer Hinsicht bislang erleben konnte. Ich hab meine erste Überlandflugeinweisung absolviert, bin ein Flugzeug im Wert von mehr als hunderttausend Euro geflogen und konnte die Flugzeugschlepp-Ausbildung beenden. Aber der Reihe nach…

Der Wetterbericht log für Samstag irgendwas von guter bis sehr guter Cumulusthermik – was ich nach den Erfahrungen dieses Sommers mit einige Skepsis zur Kenntnis nahm. Da zudem noch kein Windenfahrer im Dienstplan stand, meldete ich mich und verabredete mit Arkady, mich am frühen Nachmittag von ihm ablösen zu lassen. Meine Überlandflugeinweisung im Janus – für die ich mir extra einen zusätzlichebn Fluglehrere organisiert hatte – konnte ich mir von vornherein abschminken, da auch Roman die gleiche Übung fliegen wollte, und sich das Flugzeug mehr oder weniger reserviert hatte. Also wieder mal in die Scheiße gegriffen. Wäre da nicht noch Fluglehrer Bernd mit seinem neuen Spielzeug, dass er sich zusammen mit Leo und Sandro gegönnt hatte: Die ASH 25. Bernd wollte am Nachmitag ne Runde fliegen, was sprach also dagegen, mich dort mit reinzusetzen und mitzufliegen? Eigentlich nichts… Meinen Steuermannsplan für das Dreieck Taucha-Böhlen-Oschatz-Taucha hatte ich ja seit bestimmt zwei Monaten ohnehin immer mit dabei, also war ich auch entsprechend vorbereitet.

Nach fünf Stunden auf der Winde kam Arkady, um mich abzulösen, so dass ich mich in den Flugbetrieb einklinken konnte. Das Monster war zu diesem Zeitpunkt fast fertig aufgerüstet, irgendwelcher Kleinkram fehlte noch.Ich verstaute die üblich Ausrüstung im geräumigen Cockpit – neben Karten, Steuermannsplan und eine Buddel mit Apfelschorle auch meinen dicken Kapselgehörschutz, für den Fall, dass uns die Thermik ausgeht und wir den Motor ziehen müssen – und mache mich mit den Steuerelementen vertraut. Dann flugs den Fallschirm umgeschnallt und ins überraschend bequeme Gestühl geglitten. Gegen 13.17 Uhr UTC standen wir schließlich startklar neben dem SKP, die Rundumleuchte auf der Winde blitzte auf und das Seil straffte sich. Mit phänomenal leisem Säuseln zeigten die Windgeräusche die Beschleunigung des Fliegers an und die ellenlangen Tragflächen – zwölfeinhalb Meter auf jeder Seite – wölbten sich unter dem Auftrieb nach oben. 320 Meter – mehr schafft das Dickschiff an der Winde nicht, und direkt ab zum nächsten Bart. Nach einigen misslungenen Versuchen ging es dann doch mit einem knappem Meter aufwärts bis auf 900m AGL, die Bernd irgendwie herausleierte. „So, jetzt geh mal auf deinen Kurs“, wies er mich an, und dank der dicken Wolken, die das Böhlener Kraftwerk in den Himmel schickte, war die Navigation vorerst alles andere als schwer. Wölbklappe neutral, Tempo 120 und Abfahrt, und das bei lächerlichem Eigensinken. Gigantisch. Und irgendwie komisch, den eigenen Flugplatz nichtmehr in Sichtweite zu haen. Ein, zwei Zwischenrunden in der Thermik und schon waren wir über dem Flugplatz Böhlen, den ich als Wendepunkt im Plan hatte. Noch ein paar Kilometer weiter, ums Kraftwerk rum und dann mit etwa 80 Grad Kurs auf Oschatz genommen.
Ab hier war die Navigation ein klein wenig schwieriger, da keine Orientierungslinie direkt dorthin führte. Aber dank des Mittels Glastisch und Lampe detailliert gestalteten Steuermannsplans war die Orientierung kaum ein Problem. Über den Hainer See und Grimma ging es auf das große Waldgebiet um Wermsdorf zu, das an der charakteristischen Kiesgrube aus der Luft perfekt zu erkennen ist. Schon lag auch der Flugplatz Oschatz in Sichtweite, und in gut 1000 Meter Höhe liefen wir auch nicht Gefahr, in den dortigen Startverkehr zu geraten. Frequenz umgerastet und gelauscht, aber wenig los im Äther. Lediglich die Startvorbereitungen eines Bocian bekamen wir mit und konnten kurze Zeit später sehen, wie der Flieger abhob und an Höhe gewann. Rum um den Wendepunkt und Zurück über den Wald, Wolke anfliegen und einkreisen. Die Basis lag bei gut 1200m. Während ich das Kurbeln im Bart hier mal meinem Fluglehrer überlies und mir was zu trinken gönnte sah ich endlich mal eine fliegende Blchbüchse live und in Farbe: Ein LET 13 Blanik drehte knapp über uns seine Runden. Ich fand den flieger optisch immer irgendwie schön und war begeistert, ihn jetzt mal in der Luft zu sehen. Vorbei am Kolm mit seinem gut erkennbaren Funkturm nahm ich schließlich Kurs auf Wurzen, wobei ich eigentlich nur der B6 hinterherfliegen und links und rechts mal eine Wolke mitnehmen musste, um noch etwas Höhe zu gewinnen. Auf 10 Uhr sah ich schließlich irgendwas undefinierbares hinter einem ausgedehnten Waldgebiet. Ein See? Nee, unmöglich, weder in der Karte, noch im Steuermannsplan war einer verzeichnet. Verfranzt? Konnte ach nicht sein, der Kurs stimmte ja. Bernd löste das Geheimnis schließlich und verriet, dass auf dem ehemaligen Flugplatz Brandis eine Solaranlage installiert worden war. Über Machern und Gerichshain ging es schließlich zurück in Richtung Segelfluggebiet, und um 15.48 UTC setzte unser Dickschiff wieder auf dem Rasen auf. Überlandflugeinweisung gemeistert. Und die Hunderttausendeuro-Schüssel ganz gelassen. Reife Leistung.

Am Tag drauf war mir so ziemlich Rille was passieren würde, wobei Bernd am Vorabend meine Hoffnung auf die schnelle F-Schlepp-Berechtigung dahingehen zunichte gemacht hatte, dass er meinte, es wären je zehn Schlepps mit und ohne Fluglehrer obligatorisch. Na toll, teurer Spaß dachte ich mir noch, kurz bevor Uwe mit der Frohen Botschaft aufwartete, es seien laut Ausbildungsrichtlinie doch nur fünf. Juchu! Gunter hatte mit der Trial schon einen Gästeflug absolviert und war bereit, mich nochmal an den Haken zu nehmen. Der Flug im Bocian verlief wie die beiden ersten Soloflüge ordentlich, wenngleich ich nach dem Ausklinken etwas heftig nach rechts unten wegtauchte, was meinen Fluglehrer zu gewisse Kritik veranlasste. Innerhalb weniger Minuten war ich wieder unten und schälte mich aus dem Flieger. Dann hieß es nochmal erster Alleinflug, nämlich im Piraten am Schleppflugzeug. Doch auch das klappte überraschend gut, und nach einmal 400 und einmal 600 Metern war es geschafft, konnte ich mir – sofern ich die letzte Landung nicht in suizidaler Absicht vergeigte – den Stempel in den Ausbildungsnachweis knallen lassen. Noch ein bisschen Thermik geflogen und dann runter, und natürlich stolz wie Bolle. Auswertung mit Uwe, Bodenphase alles ok, gute Reaktionen in der Korrektur, Übung abgeschlossen.
Zum Ende des Tages bekam ich sogar noch einen Soloflug im Bocian ab, bei dem ich einmal mehr feststellen durfte, wie viel Spaß es macht, diesen Omnibus alleine zu fliegen. Der ist einfach so gutmütig, da kann man nischt verkehrt machen. Da es der letzte Flug mit der D-3685 an diesem Tag sein sollte, landete ich am äußersten Ende der Landebahn, so dass wir ihn direkt in Richtung Hangar ziehen konnten. Beim Blick ins Flugbuch zur Auswertung die finale Überraschung – es war mein 300 Flug im Segelflugzeug. Fazit: Ein perfektes Flugwochenende!