Seil straff, fertig, weg, FREI!!!

Es ist vollbracht. Nach zweieinhalb Jahren steigt mein Fluglehrer das erste Mal aus, nimmt seinen Fallschirm mit und ich sitze allein im Bocian. A-Prüfung. Drei Platzrunden im Alleinflug.
Zehn Minuten zuvor hat Fluglehrer Sascha von den Luftsportfreunden Wesel, die ihr Sommerlager in Perleberg verbringen, den notwendigen Überprüfungsflug mit mir gemacht. Über der Straße hätten es laut seiner Ansicht noch ein paar Meter mehr sein dürfen, aber ansonsten war es OK.
Dann der große Moment. Eine letzte Besprechung, Starten, Höhe abfliegen mit Kreisen, Position bei 200 Metern anfliegen und dann sauber landen. Rein in den Flieger. Haube geschlossen und verriegelt, Trimmung neutral, Bremsklappen eingefahren und verriegelt, Ruder alle frei und gängig, angeschnallt, Höhenmesser auf null, Start- und Schleppstrecke frei, Luftraum frei. Blick zum Windsack, den ganzen Tag gabe es Seitenwind, jetzt kommt er genau von vorn. Fluglehrer Bernd nimmt die Fläche hoch, Ehrensache, das bei einer A-Prüfung höchstselbst zu machen.
Delta 93 Abflugbereit, gebe ich über Funk durch, der Startleiter quittiert mit erhobenem Arm. Das Licht an der Winde leuchtet auf, das Seil läuft, es gibt kein Zurück mehr. Der Bocian rollt, nimmt schnell Fahrt auf, nach wenigen Metern hebe ich ab. Gleichmäßig gehe ich in die Steigfluglage, und wie er steigt, jetzt, ohne den „Ballast“ des Fluglehrers. Bei konstant 110 km/h geht es hoch, höher als meine anderen Flüge an diesem Tag. Bei 490 Metern ist Schluss, das Seil rutscht aus der Kupplung und ich ziehe am Knüppel, um die Überfahrt in Höhe umzusetzen. 500 Meter stehen schließlich auf dem Höhenmesser. Geil!
Wie immer reiße ich den Trimmhebel bis zum Anschlag nach hinten und plötzlich geht die Nase hoch. Verdammt, er ist jetzt vorn viel leichter, also nachtrimmen und weiter gehts.
Die Luft ist jetzt hier oben total ruhig, sehr wenig, aber dafür gleichmäßig steigt noch etwas warme Luft auf. So kurve ich ab, gehe in den Gegenanflug und drehe in aller Ruhe mein Kreise. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, allein zu fliegen. Über Funk meldet sich ein UL für einen Anflug mit touch and go. Perleberg-Info antwortet „Am Platz läuft eine A-Prüfung.“ Nicht eine A-Prüfung, sondern MEINE A-Prüfung.
Bei gut 220 Metern leite ich den letzten Kreis aus, gehe in den Gegenanflug und melde „Delta 93 Position zur Landung“. Wie schon in Taucha dank Schlägen von Uwe eingepägt kontrolliere ich Höhe, Fahrt und sinken sowie Kurve drei und vier und die Landebahn. Alles frei. Am Ende des Maisfeldes kurve ich ab, genau 150 Meter hoch, lehrbuchmäßig. Die vierte Kurve über dem Famila-Markt, etwas über 100 Meter. Jetzt kommts drauf an, runter kommen sie immer. Ordentliches anfliegen, Klappen raus und runter. 50 Meter über der Straße, noch 40, 30, 20. Fahrt 90 Sachen, abfangen und ausschweben. auf dem Rad setzt der Bocian sanft auf und rollt aus, der Sporn berührt den Boden später. Blitzsaubere GST-Landung, die eigentlich gar nicht mehr erwünscht ist. Sei´s drum, ich bin unten. Und lebe noch.

Bernd kommt mit dem Schleppauto und beglückwünscht mich. Zu meckern hat er eigentlich nichts. Ab gehts wieder an den Start. Wieder läuft der Start super, geht der Bocian hoch wie nichts. Wieder macht es riesigen Spaß, das Ding alleine zu fliegen, den Moment zu genießen, auf den ich so lange hingearbeitet habe. Vergessen die vergurkte Saison 2009, in der ich auf gerade mal 19 Flüge kam. Alles egal, ich fliege, und zwar alleine!
Auch der dritte Flug verläuft ohne besondere Vorkommnisse, nur dass mir Bernd als besonderes Bonbon eine lange Landung, d.h. bis zur Rollbahn zur Flugzeughalle, erlaubt. Also wird nicht die Schwelle der Bahn anvisiert, sondern die Halbbahnmarkierung. Kurz danach setze ich auf und rolle aus. Geschafft, Prüfung bestanden. Sogar das Fliugzeug ist nach der Landung noch einmal verwendbar, und darauf kommt es an, wie mein Tauchaer Fluglehrer Rolf Barthel gern zu sagen pflegte.
Beim Debriefing gibt es schließlich die Quittung. Bernd holt mich vor die Versammelte Mannschaft, gut 40 Leute, und gratuliert zur bestandenen Prüfung. Als andenken gibt es eine kleine CD mit einem Reinhard-Mey-Song. Zum Schluss kommt das A-Ritual, um den Hintern des alleinfliegers thermikempfindlicher zu machen. Heißt konkret: bücken und die Schläge aller anwesenden Flieger und Flugschüler auf den Arsch ertragen. Und die sind wahrlich nciht zimperlich. Zum abkühlen gibts danach einen Eimer kaltes Wasser auf den allerwertesten. Egal, das gehört dazu…

Luftsportwochenende

Endlich gibts mal wieder was positives zu berichten. Am Samstag hab ich endlich mal alles gelassen, was meine Platzrunden sonst immer versaut hat. Bei allen vier Flügen gelang trotz heftigen Seitenwindes ein ordentlicher Start, auch wenn die Winde irgendwie eine Macke hatte und ich zum Teil nur mit Tempo 80 am Seil hing. Entsprechend geringer war die Ausklinkhöhe. Ansonsten ordentlich gekurvt, klare Platzeinteilung, Position bei 200m, queranflugkurve bei 150 und Landekurve bei 100 Metern. Beim vierten Flug ging es schließlich um das Anfliegen des Flugplatzes ohne Platzrunde. Konkret hieß das, direkt nach dem Start eine 180°-Kurve und Kurs Perleberg. Dann über der Stadt rumturnen, um Höhe abzubauen und schließlich den Puntk zur 4. Kurve in einer Höhe von rund 100 Metern zu treffen. Die Wende klappte ganz gut, und ich bekam im Rückflug sogar noch „Angstthermik“, was mein Fluglehrer alles andere als witzig fand. „Hätte ruhig etwas knapper sein dürfen“, kommentierte er lapidar. Leider kam ich dann doch etwas zu weit in die Landebahn, so dass Bernd den Bocian kurz in einen Seitgleitflug legte, um Höhe abzubauen. Alles in allem schien er zufrieden und machte mir Hoffnungen, im Fliegerlager die A-Prüfung machen zu können.

Sonntag ging es dann auf den Lausitzring zum Red Bull Air Race. Die einzige Station in dieser Saison in Europa und über Land. Die Piloten starteten ihre Maschinen (Zivko Edge 540 bzw. Extra 300) direkt im Infield, flogen raus aus dem Stadion und flitzten nach ein paar Runden wieder rein, um den gesamten Kurs mit Slalom und Toren anzufliegen. Dank Presseakkreditierung in der ersten Reihe und mit von attraktiven Hostessen stets nachgefülltem Buffet ein richtiger „Mittendrin-statt-nur-dabei-Tag“. Den Sieg konnte der österreicher Hannes Arch feiern, der den Briten Paul Bonhomme alias Mr. Konstant und den australier Matt Hall auf die plätze verwies. Da der Lausitzring aufgrund der Absagen für die letzten beiden Wettbewerbe quasi über nacht zum Saisonfinale mutierte, konnte sich Paul Bonhomme gleich noch über den WM-Pokal freuen.

Bilder folgen demnächst…