Die Tage werden immer kürzer, und auch wenn die Sonne gerade im späten Oktober nochmal richtig Sonderschichten geschoben hat wird es doch merklich kälter. Wenig Hoffnung also, doch nochmal den ein oder anderen Aufwind zu finden und eine Platzrunde ein bisschen zu verlängern. Mit Blick auf die unausweichlich anstehende Winterpause werde ich richtig wehmütig. Grund genug, jede Chance zu nutzen, noch einmal in die Luft zu kommen. So auch am 21. Oktober.
Unsere beiden Beutemitglieder Frank und Valentin aus Neu Gülze hatten sich zum Bergfalken-Quälen angekündigt – wobei da ja immer die Frage ist, wer da wen quält: die Piloten das Flugzeug oder umgekehrt. Mit den beiden Doppelsitzern ging es also raus aufs Flugfeld. Beim Durchchecken des Bocians schaut mir Svenja, die ich vor einigen Jahren über die Wittenberger Feuerwehr kennen gelernt hatte, über die Schulter. Vor einiger Zeit hatte ich ihr vom Segelfliegen erzählt und mehr oder weniger zu ihrem Glück überredet. Nun war es also so weit. Mit meinen Erklärungen hätte sie den Bocian im Anschluss wahrscheinlich selbst durchecken können. So akribisch ich jede Klappe öffne und mich vom einwandfreien Zustand des Fliegers überzeuge, ihr Blick folgt. Am Ende schlampe ich aber doch rum und vergesse, den Handlochdeckel, durch den der Höhenruderanschluss überprüft wird, wieder zuzuklicken. Bernd weist mich dankenswerter Weise darauf hin. Nicht, dass das Vergessen wirklich gefährlich hätte werden können. Vielmehr hätte ich den Deckel bei der Ruderprobe wahrscheinlich mit dem Höhenruder abgebrochen. Memo an mich: Keine Vorflugkontrolle in Anwesenheit schöner Frauen.
Genug gecheckt. Schirm auf den Rücken und rein in den Flieger. Gentleman wie ich bin hatte ich das hintere Cockpit mit einem „kleine-Frau-kann-trotztdem-rausgucken“-Kissen ausgestattet, sodass Svenja wie die Prinzessin auf der Erbse sitzt.
Zwei schöne Flüge machen wir gemeinsam, dank sattem Gegenwind schleudert uns die Winde jedes Mal auf gute 500 Meter. Das übliche Sightseeing mit den üblichen Erklärungen zur Funktion der Steuerelemente und der Instrumente. Dann noch die obligatorische Achterbahnfahrt im Parabelflug, die Svenja – wie zu erwarten – mit einer Mischung aus überwältigtem Schweigen und endorphingeschwängertem Gelächter quittiert, und wir sind wieder unten. Wie mit einem Kleiderbügel im Mund steigt meine Co-Pilotin aus. Hätte sie keine Ohren, könnte sie einmal um den Kopf herum grinsen.
Schließlich ist auch meine Schwester noch auf dem Flugplatz aufgeschlagen. Das Angebot, kurz vor Saisonende noch einmal in die Luft zu gehen, wollte sie dann doch nicht ausschlagen. Auch Sie bekommt das Prinzessinen-Kissen unter den Allerwertesten und kichert sich schon beim Start einen weg. Aber ab hier darf sie selbst zu Wort kommen:
Auch wenn heute etwas ungünstig ist, hatte ich die vorerst wohl letzte Möglichkeit, mit dem Bruder ’ne Runde mitzufliegen. Ok dachte ich mir, fährst 13.30 Uhr mal schnell rüber auf den Flugplatz. Wetter und demzufolge auch Stimmung der Vereinsmitglieder war super. Nach etlichem hin und her sind wir dann kurz nach 15.30 Uhr an der Reihe gewesen und hatten den letzten Start an diesem Tag. Das heißt Heimflug. Ich hatte jetzt schon keinen Bock, nach der Landung nen guten halben Kilometer übers Feld zurück zum Auto zu latschen. Aber was solls… Okay dann wollen wir mal. Fallschirm übergeworfen, alles ordnungsgemäß festgezogen und dann rein in den Bocian. Kaum drinnen, ging es weiter mit dem Anschnallen. Aber das funzt mittlerweile ja ganz gut. Dank meiner tausend Kissen unterm Arsch hatte ich auch wieder ’ne gute Aussicht. Prinzessin auf der Erbse zu sein ist ’n Scheißdreck dagegen!:D Lars hatte es sich derweil vor mir schon bequem gemacht, sodass es gleich nach dem Check losgehen konnte. Glücklicherweise hat die Winde den Funkspruch vom Startleiter ohne Probleme erhalten und zeitnah Gas gegeben. Nochmal schön den Perleberger Acker unterm Hintern gespürt und schon ging es gen Himmel. War ganz schön ruppig der Windenstart. Aber lustig allemal. Oben angekommen bekam ich mal wieder zu hören, auf was zu achten ist und was man besser unterlassen sollte. Der Pilot kann eben nicht anders und muss sein Wissen immer zum besten geben. Nach ’ner Weile fragt Lars, ob wir ne runde Achterbahn fahren wollen. Klaro, warum nicht? Und los ging der Spaß. Schnauze runter und hoch, runter und hoch. Das ich meinen Spaß hatte konnte der Kapitän anhand „akustischer Signale“ vom Rücksitz wahrnehmen. Ich kam aus dem Feiern nicht mehr raus und musste nach so ziemlich jeder Aktion meine Gliedmaßen erstmal wieder an Ort und Stelle bringen. Die Knie hingen mir zumeist im Gesicht, und somit war die Sitzposition bei Zeiten auch nicht mehr die beste, da es die Kissen schön verschoben hat. Landung war Top. So ziemlich auf den Punkt genau den Haltepunkt getroffen. Nach dem ich mich elegant aus dem Flieger geschwungen habe, war der Gaudi auch schon vorbei.
VIELEN DANK LIEBLINGSBRUDER FÜR DIE GEILE ZEIT IN DER PROVINZ UND DIE GEMEINSAMEN SEGELFLÜGE!
PS: Kotztüte gab es auch diesmal nicht, das schleift!
An dieser Stelle ein Dankeschön zurück an meine Schwester und das Versprechen, dass es beim nächsten Flug eine Kotztüte gibt! Vielleicht gehen wir ja mal zusammen auf Strecke…