Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Vier Tage, acht Starts und gute sechs Stunden zusammen in der Luft – so sahen das verlängerte Kennenlern-Wochenende und Himmelfahrt mit der neuen großen Liebe meines Lebens aus. Man muss dazu sagen, dass es mit der Liebe sonst in meinem Leben bisher mäßig bis scheiße lief und es aus diesem Grund vielleicht gar nicht so schlecht ist, auf menschliche Gesellschaft zu pfeifen und sich andere kurvige Liebschaften zuzulegen. Und gewisse Kurven hat die SZD-59 ja tatsächlich.

Zugegeben – ich war mir lange nicht sicher, ob ich das Ding nun schön finden sollte oder mir doch `nen optischen Kackvogel zuegelegt hatte, und natürlich verbot sich letzteres schon allein angesichts der finanziellen Mittel, die für die Anschaffung draufgegangen waren. Aber selbst mit der PIK-20 hatte ich ja zunächst ein ziemliches Hängebauchschwein im Auge, sodass es am Ende nur konsequent gewesen sein könnte, dass ich schließlich bei einem Fluggerät mit zumindest gewöhnungsbedürftiger Optik landete.

Aber spätestens am Montag, im Anschluss an einen knapp zweistündigen Lustflug, in dem ich ein bisschen im Vorgarten des Flugplatzes unterwegs war und der 59 ihr neues Revier gezeigt habe, fand ich sie einfach nur noch schön. Als ich mit dem Auto zur Bahn zurückfuhr, um sie mit dem Seil zum Anhänger zu ziehen, hab ich mich endgültig verliebt. Schön von der Sonne angestrahlt stand sie da, im Hintergrund das Panorama mit der Burg Teck, das man bisher nur mit ortsansässigem oder mitteldeutschem Geflügel dekoriert kannte. Jetzt taucht da plötzlich eine rassige Polin auf, die auf Nimbus der Hahnweide als Streckenflug-Eldorado pfeift und sich nur wiederwillig die langen Ohren samt Winglets anstecken lässt (tatsächlich ist das mitunter eine etwas störrische Angelegenheit, die nach sanfter Gewalt verlangt; gleiches gilt auch umgekehrt, wenn die Dinger wieder ab müssen…). Und die früher oder später die Luft in der Umgebung ordentlich durchquirlen wird.

Nachdem ich den Freitag mit Kopfschmerzen und Kratzen im Hals zähneknirschend den Flugbetrieb für mich gestrichen hatte, sah es Samstag früh besser aus. Um mir noch etwas Zeit zu verschaffen, meinen eigenen Zustand zu überprüfen, hatte ich mir erst für 16 Uhr zwei Checkflüge in unserem Corona-Bomber gebucht. Vereinsintern war festgelegt worden, dass zum Zwecke der Kontaktreduktion nur kurze Checkflüge stattfinden und dabei Pilot und Checker Maske und Handschuhe tragen. Für mich war von vornherein klar, dass ich mich ohne Überprüfungsstarts nicht in mein eigenes Flugzeug setze. Denn mein Respekt davor war riesig. Der war um ehrlich zu sein noch viel größer als bei teureren oder selteneren Flugzeugen, die ich bisher fliegen durfte. Vielleicht einfach, weils das Eigene ist? Weil man es nicht kennt? Weil man glaubte, da drin völlig beschissen zu sitzen und nicht alles im Griff zu haben? Wahrscheinlich von allem etwas.

Dennoch: Als ich durch den Sonnenschein zum Flugplatz fahre steht eigentlich schon fest, dass ich sie fliegen werde. Die Unterschrift auf dem Kaufvertrag war seit Monaten trocken, aber bisher hatte ich mich nur handwerklich mit dem Flugzeug befasst. Und bevor mir Glider Peace, Air Shepherd oder Sailplanes Rights Watch wegen nicht artgerechter Flugzeughaltung ans Bein pissen würden, wollte ich vorbeugen.

So zerre ich motiviert den Rumpf aus dem Anhänger und warte auf gehässige Bemerkungen zum Polen-Kunststoff, die aber erfreulicher Weise ausbleiben. Vier Mann, vier Ecken sollte passen, denke ich. Doch kaum lege ich den ersten Holm auf, dreht sich der Rumpf zur Seite. Scheiße, frischer Lack am Bauch und Teppich sind ne miese Kombi. Schnell ist ein fünfter Mann zur Stelle und hält den Rumpf am Leitwerk gerade. Mit etwas Fummeln klappt es doch in erstaunlich kurzer Zeit, das Fliegerle zusammen zu stecken, wobei auch die polnische Aufrüsthilfe Swetlana zum Einsatz kommt. Hier und da hakt es noch, aber das soll die nächsten Tage auch besser werden. Übung macht auch beim Aufrüsten den Meister.

Bis es losgeht, muss die 59 aber erstmal zugucken, denn ich schwinge mich in den Duo und mache meine zwei Checkflüge. Das gibt Sicherheit und lässt meine Anspannung ein bisschen sinken. Dennoch: ein bisschen Kribbelig bleibt es.

Die zwei Flüge mit Swen im Rücken sind jedenfalls gut fürs Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, und so schiebe ich die 59 motiviert in die Startbahn. Sicherheitshalber habe ich ihr die langen Ohren angesteckt, damit ich ja nicht auf dumme Gedanken komme. Sachtes kennenlernen, nicht gleich voll rangehen, so habe ich mir das vorgenommen. Die vielen Sitzproben in den vergangenen Wochen – einmal war es tatsächlich so, dass ich einfach den Rumpf aus dem Anhänger gezogen und mich reingesetzt habe, nur um drin zu sitzen – machen sich nun bezahlt, denn entgegen meiner Befürchtungen finde ich eine halbwegs bequeme Position, für mich schon immer die Voraussetzung, um halbwegs selbstsicher einen Start machen zu können. Mit Trinksack und nem Müsliriegel ausgerüstet bin ich startklar.

Haube zu, der Puls steigt. Das Seil strafft sich und die 59 nimmt Fahrt auf. Mit einem kurzen Zug am Knüppel lupfe ich sie vom Boden weg und sie demonstriert vom ersten Moment an, dass sie ein grundehrliches Flugzeug ist. Das haben die meisten Kunstflugzeuge so an sich: sie setzen exakt das um, was der Pilot eingibt. Das Problem ist dann oft, dass diese Eingaben nicht optimal sind. Ein klassisches Schul- und selbst viele auf Streckenflug optimierte Flugzeuge verzeihen da mehr und haben einen größeren Bereich in dem sie noch irgendwie fliegen. Acro-Muster haben den eher nicht. Aber bis an diesen Punkt muss man erstmal kommen. Im F-Schlepp bin ich davon weit entfernt und genieße es mit jedem Meter, den mich die Husky in die Höhe zerrt, ein bisschen mehr. Schlepppilot Claus macht einen super Job und setzt meine Bitte um eine etwas reduzierte Fahrt prompt um. Bei 110 km/h scheint der Schleppzug optimal zu steigen, und die Thermik tut ein Übriges.

Um etwas mehr Zeit für das erste Beschnuppern zu haben, lasse ich mich auf gute 800 Meter AGL schleppen und klinke in einem Zweieinhalb-Meter-Bart aus. Hatte ich die Ruderabstimmung bei meinem Probeflug in Friedersdorf mit 15 Metern Spannweite noch als unausgewogen in Erinnerung, bin ich jetzt nur noch begeistert von der Wendigkeit. Klar ist die mit den langen Ohren nicht so irre wie mit 13 Metern, aber selbst in der Standard-Ausführung reichen die Querruder über knapp die Hälfte der Spannweite, und das macht sich schon bemerkbar. Dieses Gerät giert förmlich nach Bewegung. Stur geradeaus kann sie zwar auch, da zeigen sich die Gene des Jantars, aber zügig ums Eck liegt ihr eindeutig mehr. Und so gehen die ersten Minuten in der Luft für ein bisschen Kennenlern-Airwork drauf. Fahrt aufholen, wegziehen bis kurz vor den Stall, Rollübungen – und bei allem ein mega fettes Grinsen im Gesicht.

Nach einer guten halben Stunde ist die Höhe verdaddelt und es geht zur Landung. Da habe ich ja auch immer Respekt vor, zumal die 59 als passioniertes Trüffelschwein gerne die Nase in den Dreck steckt. Das gelbe Dreieck liegt bei 95, für etwas Reserve lege ich fünf km/h drauf und komme so kommod nach unten. Gewühnungsbedürftig sind die Wirbel, die von den unteren Bremsklappen aufs Leitwerk treffen und die ganze Fuhre ordentlich rumpeln lassen. Das Abfangen und aufsetzen gelingt halbwegs sachte, der Rollkomfort ist mangels Federung des Hauptrades eher lala. Und vor allem: bei jeder Welle, die das Spornrad mitnimmt, kommt der Schwanz hoch und sie will auf die Nase gehen, was mir aber gottseidank erspart bleibt.

Als wir stehen und ich die Haube öffne, bin ich irgendwie erleichtert. Ich hab nichts kaputt gemacht und sitze im Cockpit gar nicht so scheiße, wie ich befürchtet hatte. Runde zwei kann kommen. Die dauert nochmal ne knappe halbe Stunde, und dank der im ersten Flug gewonnenen Sicherheit kann ich es mir nicht verkneifen, die Fahrt mal bis auf 70 zurückzunehmen und beherzt ins Seitenruder zu treten. Der Strömungsabriss kommt wunderbar direkt, und die 59 geht sauber ins Trudeln. Bei direkten Gegenmaßnahmen dauert es keine halbe Umdrehung, bis man sie wieder eingefangen hat. Lässt man das Seitenruder stehen und den Knüppel am Bauch, bleibt sie stationär drinnen. Selbst mit 15-Meter-Ohren ist das zugelassen und sicher möglich. Und es macht einen Heidenspaß! Die zweite Landung gelingt mir etwas besser als die erste. Es wird.

Das erste Abrüsten hingegen wäre fast zum Fiasko geworden, denn während ich den ersten Flügel langsam herausziehe wird mir klar, dass ich die Querruderanschlüsse nicht getrennt habe. Also Stopp gebrüllt, um den Flügel herum gesprintet, Tape ab, Gepäckfach auf und die beiden Anschlüsse ausgehängt. Schwein gehabt! Eine Fokkernadel zur Sicherung der Endscheiben bzw. Außenflügel hab ich bei der Aktion auch verloren, das fiel mir aber erst einen Tag später auf. Die habe ich dann Mangels Nadel durch einen robusten Federstecker ersetzt, der dort eigentlich noch besser passt, weil das Öffnen und Schließen wegfällt, bei dem man sich fast immer Kratzer in den Lack macht.

 

Spaß im Quadrat und erste Baustellen

Auch am Sonntag gönne ich mir zwei Flüge mit meinem Flieger, wieder geht das dabei vor allem ums Kennenlernen. Den zweiten Flug mache ich dieses Mal mit kurzer Spannweite, und so ist das Flugzeug wirklich in seinem Element. Die Rollwendigkeit ist phänomenal und steht der des Swift laut Aussagen von Piloten, die beide Muster kennen, kaum nach. Und so kann ich es mir nicht verkneifen, sie nach ausführlicher Luftraumkontrolle einmal um die Längsachse zu schleudern – breites Grinsen inklusive. Das wird nichtmal dadurch getrübt, dass ich in Rückenlage meinen am Fallschirm befestigten Spot-Tracker ins Gesicht kriege. Merke: Loses Zeug im Cockpit ist doof.

Die Landung ist mit kurzer Spannweite kaum anspruchsvoller als mit 15 Metern, und wieder gelingt es mir, den Flieger ohne Bodenberührung der Nase bis zum Stillstand zu retten. Allerdings kristallisieren sich nach vier Flügen die ersten Baustellen heraus, an denen ich noch arbeiten muss. Das Sitzkissen muss definitiv neu, am besten aus Impactfoam, den ich unterschiedlich stark dimensionieren muss, um nicht permanent auf dem Steiß zu sitzen. Für ne Stunde turnen mag das gehen, aber länger ist es unangenehm. Die Haube pfeift und muss besser abgedichtet werden, in die Lüftung gehört Fell – wobei ich keine Ahnung hab, wo ich den reinkleben soll, denn noch hab ich nicht vollständig begriffen, wie die Luftströmung geführt wird – und die Fahrwerksklappen brauchen deutlich straffere Federn. Sobald man nämlich trudelt, zerrt es eine der beiden Auf und es klappert höllisch. Das sind aber alles Punkte, die man sukzessive abarbeiten kann. Auch die mühsam zusammengebastelte Abdeckung der F-Schleppkupplung ist nach den vier Starts im Eimer, da muss was neues her, wird mir klar.

Ein knapp zweistündiger Flug am Montag offenbart noch ein weiteres Problem: die Position des Trimmknopfes. Der ist so beschissen platziert, dass er mir permanent in den linken Oberschenkel drückt, und das tut auf Dauer echt weh.

Tesa Moll und Textilgummi

An Himmelfahrt nutze ich den Vormittag, um die ersten Punkte anzugehen. Der zu steife Gummilappen aus der Schleppkupplung fliegt wieder raus, stattdessen kommen zwei Textilgummibänder rein. Diesen Tipp bekam ich in der FB-Gruppe „Segelflug – Technik, Tuning, Wartung“, wo mir jemand versichterte, beim Puchacz, der die Kupplung auch unter dem Rumpfbug hat, funktioniere das prima. Also die Gummis passend geschnitten, Enden mit dem Feuerzeug verschmolzen, damit sie nicht auftriefeln und Pattex drauf. Viertelstunde ablüften lassen, zusammenpappen, pressen. Hält! Dann den Alurahmen mit der Abdichtung wieder aufsetzen und festschrauben, Tape über die Vorderkante und hoffen, dass es hält.

In die Nut im Haubenrahmen kommen knappe drei Meter Tesa Moll, denn im vorderen Bereich war gar keine Abdichtung vorhanden, und die im hinteren Teil war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Außerdem demontiere ich den Trimmknopf. Mein „Pate“ Robin aus Sinsheim meinte nur, das Ding brauche kein Mensch. Gesagt, getan, für gut befunden.

Gegen 14.30 Uhr bin ich mit dem Gebastel fertig und habe sogar nebenbei noch bei der Reparatur einer Lötstelle an unserme Twin geholfen und so dem Funk wieder Leben eingehaucht. Und nun stehe ich vor der entscheidenden Frage: Erster Windenstart gleich auf der 59 oder noch einen im Doppelsitzer mit Lehrer? Einerseits ist mein letzter Start an der Winde fast ein halbes Jahr her, und ich habe eigentlich keine Ahnung, wie mein Flugzeug sich dabei verhält. Ich habe die 59 zweimal an der Winde geflogen, das war in Landsberg mehr als zwei Jahre zuvor. Und der erste Start war gleich eine Startunterbrechung garniert mit beschissenem Sitzgefühl im Cockpit. Danach war ich pappsatt und wollte es eigentlich gleich lassen, aber dank guten Zuredens der Fluglehrer vor Ort hab ich mich ein zweites Mal getraut und meine ersten Erfahrungen mit einem wirklich agilen Flugzeug machen dürfen. Andererseits – und damit zurück zum Wochenende – habe ich um die 600 Windenstarts im Flugbuch, was soll also groß passieren?

Noch einmal rufe ich in Sinsheim an und lasse mich briefen. „Trimmung Raste vier und bewusst vom Boden wegnehmen, alleine steigt das Ding nicht wirklich. Und ab dem Ende des zweiten Schleppdrittels nicht mehr weiter ziehen, sonst macht es klick und der Schlepp ist zuende.“ Das mag ich an Robin: Klare Ansagen, auf den Punkt und ohne etwas zu dramtatisieren oder zu beschönigen.

Nach einem kurzen Blick ins Flughandbuch, in dem zumindest zum Windenstart wirklich nur das Allernötigste drinsteht, fällt die Entscheidung zugunsten des Solo-Starts und ich schiebe den Hobel an den Windenstart des Sportflieger Clubs Stuttgart, weil mein eigener Verein an diesem Tag selbst nur F-Schlepp macht. Mehr Briefing als „Bitte wie ein Discus“ bleibt mir nicht, Haube zu und Daumen hoch. Kaum nimmt die 59 Fahrt auf, ist sie auch an der Winde gewohnt agil, aber keineswegs kritisch. Der Schlepp ist mau, und ich muss den Anstellwinkel etwas verringern, um die Fahrt über 100 zu halten. Bei 350 Meter AGL macht es klick und ich bin frei. Der erste Versuch, das Fahrwerk einzufahren, geht ins Leere, das Procedere funktioniert wirklich nur mit doppeltem Umgreifen. Heißt: rechte Hand zum Hebel, Sperre lösen, Hebel in die Mitte, linke Hand zum Hebel und nach hinten reißen bis die Sperre einrastet. Das ist und bleibt ne Fehlkonstruktion, zumindest, wenn man nicht so wie offenbar jeder durchschnittliche polnische Segelflugpilot ein drittes Gelenk im Arm hat.

Die Abdichtung der Haube scheint zumindest etwas zu bringen, denn das Gerausche hinter mir ist deutlich weniger geworden. Dafür höre ich jetzt andere undichte Stellen. So passt das Schiebefenster an der Seite eher leidlich und auch eine Fahrwerksklappe scheint nicht dicht zu schließen. Weitere Punkte für die To-Do-Liste.

Mit Krampf mache ich etwas Höhe, aber offenbar hat auch mein Stauscheibenvario ne Meise, denn so richtig Sinn ergeben die Werte darauf nicht. Das tut mir aber erstmal nur bedingt weh, denn zum einen scheint das E-Vario zu funktionieren, zum anderen ist das Instrument beim Turnen tendenziell eher Makulatur. Nach 20 Minuten ist der Spaß vorbei und ich gehe auf der 07 zur Landung. Die Asphaltpiste vermeide ich und rolle seitlich in den Sicherheitsstreifen. Beim Rollen über die buckelige Wiese merke ich erneut, wie sich der Flieger um die Querachse aufschaukelt und die Tendenz zum Trüffeln zunimmt. Allerdings bleibt es beim Versuch, die Nase in den Dreck zu stecken.

Beim zweiten Start legt der Windenfahrer ne Kohle extra auf und mit 110 bis 120 km/h fühlt sich der Schlepp auch gleich deutlich entspannter an. Auch Thermik finde ich jetzt deutlich bessere, auch wenn das Vatio nach wie vor spinnt. Mit 1400 Meter MSL fliege ich in Richtung Süden ab und eiere ein bisschen im Sektor Alb Nord herum. Am Teckberg steigt es gut, und nachdem ich halbwegs rausgefunden habe, wo die Bärte stehen, kann ich auch bisschen Höhe vernichten, ohne gleich befürchten zu müssen, in Dettingen oder gar auf einer Wiese am Fuße der Teck zu stranden. Also kurzes rechnen: Echo ist hier nicht abgesenkt, beginnt also in 2500 Fuß über Grund. Darunter ist Golf, unkontrolliert. Heißt, hier darf ich zwischen 450 und 750 Meter über Grund spielen, ohne dass ich das anmelden müsste. 750 Meter ist zugegeben keine wirklich komfortable Höhe, um sich auf ein neues Flugzeug einzufliegen. Daher beschränke ich mich auf ein paar Appkippübungen und hole mir zwischendrin immer wieder Höhe. Außerdem behalte ich das Flarm im Auge in fliege vor jedem Manöver drei, vier Beobachtungskreise, um auszuschließen, dass mir jemand in die Quere kommt. Zum Abschluss steche ich auf 200 an, fange ab und ziehe ich 59 in einen sanften Loop. Einfach schön!

Den dritten Flug mache ich nochmal im F-Schlepp und schneide in schwächer werdender Abendthermik gemeinsam mit Tilo im neuen Arcus Feingewinde in die Luft. Bei der Abschlusslandung passiert mir dann doch das, was ich tunlichst vermeiden wollte: Die 59 hebt den Schwanz und steckt die Nase ins Gras. Ich entscheide, mich nicht darüber zu ärgern, denn das Problem ist bekannt und ändern kann ichs eh nicht. Vielmehr freue ich mich, 60 Euro in Steinschlagschutzfolie investiert zu haben. Die Kröten haben sich definitiv gelohnt!

Die ersten vier gemeinsamen Flugtage brachten acht Starts und 5:37 Stunden. Hätte schlechter laufen können mit meiner Neuen…

 

Danke an Eric für die Fotos von meinem ersten Start und an Tilo für das Foto in blauer Weste.

Die Sache mit dem Wirkungsgrad

Es war einer der ersten Sätze, die ich von Swen hörte. „Dein Wirkungsgrad wird mit einem eigenen Flugzeug deutlich schlechter.“ Swen ist technischer Leiter unseres Vereins und muss es wissen, denn er besitzt eine sehr sehr hübsche Ka 6 E, eine Ka 2 B und die hälfte einer Galsflügel 304. Über Sinn und Unsinn der Halterschaft mehrere Flugzeuge kann man trefflich streiten, aber mir ist inzwischen klar, dass selbst eins ne ganze Menge Arbeit verursacht. Fairerweise muss man sagen: wunschgemäß selbst veursachte Arbeit.

Die im vorletzten Artikel behandelten Arbeiten ließen sich allesamt noch unter „notwendige Flugvorbereitungen“ subsumieren. Aber das, was ich in den letzten drei, vier Wochen an Zeit auf dem Flugplatz verbracht habe, muss man ganz klar als fakultativ bezeichnen. Sicher – in Zeiten von Corona eine angemessene Ersatzhandlung, aber dennoch kann man sich bei jeder Aktion fragen: tut das Not? Die Antwort muss fast immer lauten: nö, aber ich will das so. Was bisher geschah, ist ein kleines Drama in fünf Akten.

Akt 1: Visierhalter montieren

Meinen Kunstflug-Kamerad Franz aus Paterzell hatte ich mit dem Versprechen eines saftigen Stücks kalt geräucherten Whisky-Chili-Lachses dahingehend bestechen können, mir gegen Erstattung der Materialkosten aus Carbon schöne Visiere zu bauen. Allerdings musste ich mir was überlegen, wie die Halterungen für die Spekuliereisen am besten an den Endscheiben zu befestigen sind. Die Wahl fiel schließlich auf eingeharzte Einschlagmuttern. Das traute ich mir gerade noch selber zu.

Es ist ein mega beschissenes Gefühl, Löcher in Teile des eigenen Flugzeugs zu bohren. Aber daran führte kein Weg vorbei. Dann hieß es, mit dem Dremel die Löcher so auszufräsen, dass die Zahnplatte der Einschlagmuttern komplett versenkt werden konnte. Die Holzarbeiten gingen Dank Werkunterricht in der Grundschule einigermaßen von der Hand. Das Einharzen hingegen war schon anspruchsvoller für jemanden wie mich, der bisher nur im Zellenwartlehrgang mal unter Anleitung die Pampe zusammengemischt und verarbeitet hatte.

Also Harz und Härter zusammen gekippt, Baumwollflocken dazu um es etwas anzudicken, das Gewinde schön eingefettet und das Harz aufgepinselt. Dabei habe ich auch gleich die Löcher der Halterung für die alten Peilstangen – die lediglich mit Holzschrauben an die Endscheibe gespaxt waren – zugeharzt. Das Ergebnis war fürs erste gar nicht mal so schlecht, befand ich einen Tag später. Ich drehte mit Schmackes die Schrauben für die Visierhalter rein, ohne zu realisieren, dass die Platte, die ich zur besseren Verteilung der Drucks zwischen die Halter und die Außenseite der Endscheibe gelegt hatte, nun fehlte. Und mit jeder Schraubenumdrehung kam mir auch der ausgehärtete Harzpröppel ein Stück entgegen. Ganz toll. Immerhin versaute ich auf diese Weise nur die Hälfte des Ergebnisses. Also gleich nochmal Harz angerührt und alles wieder vergossen, nur um am nächsten Tag festzustellen, dass ich das Mischungsverhältnis wohl etwas zu grob gehandhabt hatte. Fest war das jedenfalls nicht, und an eine gelartige Verbindung wollte ich meine Visiere dann doch nicht hängen. Nun stand ich vor einem neuen Problem: Wie entfernt man nicht ausgehärtetes Harz? Die Antwort brachte wie immer das Internet: Essig! Essenz 1:1 mit Wasser gemischt, das gröbste mit nem Schraubendreher rausgepult und dann mit dem Pinsel Essig drauf. Die Säure zersetzt wohl die Struktur des Harzes, und man bekommt wirklich alles restlos weg. Profitipp: Raum gut belüften, die Säuredämpfe beißen irgendwann doch im Hals. Im dritten Anlauf gelang es mir tatsächlich, diesen Arbeitsschritt abzuschließen.

Anschließend bekamen die Endscheiben einen ordentlichen Schliff und vier Schichten Lack in RAL 5010 Enzianblau. Erkenntnisse dabei: Enzianblau ist nicht gleich Enzianblau, Lackieren mit der Rolle muss man auch können und die Deckkraft ist bei Toom Premium PU-Buntlack auch nicht so mega Premium. Whatever, Akt 1 war erledigt.

 

Akt 2: Reserverad aus dem Staukasten verbannen

Ich mutmaße, alle SZD-59-Trailer des polnischen Herstellers Avionic haben das gleiche Problem: Ein Staufach von homöopathischer Größe, von dem auch noch das innen an der Stirnseite angebrachte Reserverad den meisten Platz einnimmt. Klare Prämisse: das Ding musste da raus. Als Varianten kamen eine Unterflurmontage, an der Seite in der Nähe der Achse oder auf der Deichsel infrage. Die Deichsel schien mir als am einfachsten Umsetzbar, und da Dennis aus Hayingen mal den Fehler gemacht hatte, mir von seinen Fähigkeiten in der Metallbearbeitung zu erzählen, war ich mir nicht zu schade, ihn mit meinen Konstruktionsideen zu bombardieren. Auch hier hat das versprechen von extrem leckerem Räucherlachs aus der Herstellung meines Vaters sicher nicht unerheblich zur Zusage der Unterstützung beigetragen.

Meine Skizzen hat Dennis verfeinert und das Material besorgt, und dann wurde gute sechs Stunden geflext, gebohrt und geschweißt. Am Ende konnte sich das Ergebnis wirklich sehen lassen. Also wenn es um Metallkonstruktionen geht und ihr ein Problem habt -> Dennis fragen!

 

Akt 3: Kratzer im Rumpf beseitigen

Im Kaufpreis der SZD inbegriffen waren einige unschöne Kratzer unter der Rumpfnase – offenbar ein klassischer Trüffelschaden – sowie einige Schrammen am Bauch, sicher von einer Landung ohne Fahrwerk. Auf letzteres deuteten auch Delaminationen unter der Sitzschale hin, die bei der 500h-Kontrolle gleich mit repariert wurden. Technisch also alles in Ordnung, aber das optische Manko blieb. Einige rieten mir, einfach Steinschlagschutzfolie drüber zu kleben und es damit gut sein zu lassen, aber das hätte ja nichts dran geändert, dass ich immernoch weiß, dass die Kratzer da sind. Ne, das wollte ich ordentlich haben.

Zunächst war ich nach Rücksprache mit einigen Kennern der Meinung, dass ich das mit Polyesterspachtel, nass schleifen und polieren selber hinbekomme. Die Verarbeitung von Polyesterspachtel sollte aber möglichst mit Atemschutzmaske und passendem Gasfilter erfolgen, denn die Pampe dünstet Styrol aus, was alles andere als gesundheitsfördernd ist. Nun waren aber im Zuge der Corona-Pandemie so ziemlich alle Gegenstände, die irgendwie als Atemschutz verwendung finden konnten, ausverkauft, sogar die Lackiermasken von 3M, die ich mir dafür gerne zugelegt hätte. Dann kam – wieder aus Hayingen – ein ziemlich faires Angebot für die Erledigung dieser Arbeit, und zwar von jemandem, der das schonmal gemacht hat. Mehr als einmal. Und da ich gerne selbstkritisch auf meine Fähigeiten schaue und der Meinung bin, dass andere dafür, dass sie was besser können als ich, auch Geld und Urlaub kriegen, fiel die Entscheidung, es machen zu lassen. Eine Woche stand die 59 dann in Hayingen, und als ich sie abholte, strahlte mir ein komplett weiß lackierter Bauch entgegen. Ohne Kratzer. Da haben wir dann mit vereinten Kräften noch Steinschlagschutzfolie draufgepappt, um den frischen Lack vor neuen Schrammen zu schützen. Natürlich die gute von 3M. Gibts unter anderem bei Ülis Segelflugbedarf.

 

Akt 4: Staufach vergrößern

Trotz einer merklichen Verbesserung der Platzverhältnisse im Staufach des Anhängers, die mit der Verbannung des Reservereifens auf die Deichsel eingetreten war, reichte mir das noch nicht. Alles, was an Geraffel zum Flugzeug gehört, soll in den Anhänger passen, ich will, wenn ich mit dem Gespann unterwegs bin, möglichst kein Gerödel vom Flieger im Auto rumkullern haben. Also blieb nur, das Staufach zu vergrößern.

Die original eingenietete Alu-Trannwand war ein schlechter Witz, da nur etwa 15 Zentimeter hoch. Daraus ergab sich ein effektv abgegerenzter Stauraum von etwa 75 Liter Volumen. Da konnte man die Basisaustattung mit Stapeln und verkeilen gerade so unterbringen, aber schön war das nicht und es bestand immer die Gefahr, dass mal was rausfällt und durch den Anhänger klötert. Also raus das Ding und umbauen. Wirkliche Verbesserung war aber nur zu realisieren, wenn ich den Halter für den linken Außenflügel nach hinten versetzte. Dazu musste ich ihn mittels zweier passend gesägter Holzklötze erhöhen, damit die Winglets ausreichend Abstand voneinander haben. Als das erledigt war, ließ ich mir im Baumarkt eine OSB-Platte passend sägen, was wesentlich billiger war als eine Aluplatte. Die bekam oben als Kantenschutz ein U-Profil aus Aluminium, das zeitnah noch mit einer Rohrisolierung als Stoßfänger überzogen wird. Die alten Winkel zur Befestigung bohrte ich aus und nietete sie weiter nach hinten versetzt wieder ein (und konnte endlich mal die Blindnietzange einsetzen, die ich mir mal gekauft hatte, weil ich sie sicher irgendwann brauchen würde…). Dann bekam die OSB-Platte noch `nen silbergrauen Anstrich (für Fetischisten: RAL 7001) und wurde schließlich eingebaut und zusätzlich mit einem Gewindestab am Nasenfänger abgestützt. Über den zog ich ein Stück Gartenschlauch, denn beim Einfädeln der Außenflügel in die Halterung kann es durchaus mal passieren, dass man dem Gewindestab gefährlich nahe kommt. Das Finish brachte schließlich ein passend zugeschnittener Teppich.

Mit der Aktion wächst der Stauraum von den Ursprünglich umbauten 75 Litern (mit überstehendem Kram ließen sich etwa 100-120 Liter nutzen) auf 290 Liter an. Da passt jetzt wirklich alles rein, angefangen von dem unförmigen Kuller über Schleppstange und Flächenrad (die beide noch exakt angepasst werden müssen…), Flächenstütze (die ich selber gebaut habe) und Putzzeug sowie Visierhalter und Trimmgewichte.

 

Akt 5: Quietschen im Querruderantrieb beseitigen

Diese Baustelle fiel mir zwischendrin auf, als den linken Flügel auf Böcken liegen hatte, um mir anzuschauen, warum der Außenflügel so sauschwer aufzustecken ist. Jedenfalls war das Geräusch nicht auszuhalten. Wenngleich es verschwand, wenn man den Flügel auf die Nasenleiste stellte, schien mir die Option, permanent 90 Grad Sturzflug einzuhalten, wenig verlockend. Also erstmal alle Lagerböcke überprüft und dabei festgestellt, dass es freilich der ist, der mitten in der Fläche sitzt, auf Höhe des Bremsklappenkastens. Direkter Zugang: unmöglich. Benjamin von Schmepp-Hirth organisierte mir eine Bluetooth-Endoskopkamera, mit der ich mir das Problem zumindest erstmal anschauen konnte. Der Bock war trocken, das Problem wahrscheinlich mit etwas Schmiermittel schnell zu beheben. Aber wie die Schmiere dorthin bringen?

Hilfe brachten 2er Gewindestäbe. Daran habe ich zunächst die Endoskopkamera festgeklebt und danach noch einen dünnen Schlauch befestigt. Ans andere Ende klemmte ich eine Dose Graphit-Sprühöl. Nach dem Einführen durch das Querkraftlager in der Wurzelrippe gelang es mir tatsächlich, den entscheidenden Tropfen Öl auf dem Lagerbock zu platzieren (und wahrscheinlich nen halben Liter daneben…), sodass das Geräusch danach komplett verschwunden war. Und da ich die Lanze nun eh gebaut hatte, habe ich den Bock in der anderen Fläche auch gleich mit Graphitöl vollgejaucht.
An dieser Stelle einmal mehr herzlichen Dank an Robin für seinen telefonischen Support und den Tipp mit dem Graphitöl.

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Der Lagerbock war ziemlich trocken, also bekam er eine Graphitöl-Dusche.