Zugegeben, die letzten Flüge sind schon wieder eine Weile her, aber große Veränderungen werfen ihre Schatten voraus, die, so alles klappt, mir die Chance bieten, mein Hobby und meinen Beruf zu verbinden. Mehr dazu demnächst, in jedem Fall war wenig Zeit, den Blog zu pflegen. Dabei gibt es einiges zu erzählen.
Das Wochenende 26./27. September brachte immerhin nochmal sieben Flüge als verantwortlicher Pilot und einen als zweiter Offizier – hinter Frank im Bergfalken. In der Kiste hatte ich mich schon auf dem vorderen Sitz irgendwie unwohl gefühlt, aber das, was man da in der zweiten Reihe erlebt, dass ist jenseits aller orthopädischen Empfehlungen. Auch wenn sich alle anderen nur ohne Schirm, dafür mit reichlich Kissen, auf den Co-Sitz werfen, musste ich es doch mit dem Notfallrucksack probieren. Die folgen meiner Irsinnstat kümmerten mich nicht im geringsten. Drin und angeschnallt – also fremdbestimmt angeschnallt, sich selber festzugurten ist vorne schon nur eingeschränkt, hinten dann aber gar nicht mehr möglich – gab es kein zurück, aber schon beim Start war mir irgendwie klar, dass das mein letzter Flug mit diesem Teil sein würde.
Dank Gegenwind feuert uns die Winde an die 500 Meter ran, und Frank greift sich den nächstbesten Bart, der uns bis auf knapp 900 Meter bringt. Schöner Sightseeing-Flug, aber schon nach zehn Minuten melden sich die Lendenwirbel. Im Prinzip bin ich bis zur Landung 20 Minuten später damit beschäftigt, eine halbwegs bequeme Sitzposition zu finden. Irgendwann gebe ich auf und lasse dem Schicksal seinen lauf. Memo an mich: Nie wieder Bergfalke III, zumindest nicht hinten. Nach der Landung gibt es die Entschädigung. Horsts Frau hat einen Grill mitgebracht und totes Tier aufgelegt. Dazu Kartoffelsalat und Brot, und das alle bei bestem Wetter, was für ein Tag.
Von den drei Gastflügen an diesem Tag bleibt zumindest der letzte in Erinnerung. Ein junge Dame in Stöckelschuhen, die ich auf der Straße sofort als fluguntaugliche Tussi abgestempelt hätte, lässt ihren Freund stehen, schwingt sich ins Cockpit und ist schon vom Start total begeistert. Viel steigt nicht, aber wir halten uns ein paar Minuten. Die Frage nach ein bisschen Spaß quittiert sie mit einem vor Vorfreude nur so triefenden „Klaaaar!“, und ich stelle den Bocian auf die Nase, stürze an, fange ab, ziehe hoch und drücke satt nach. Zweimal parabel, meine Mitfliegerin ist glücklich und wieder haben wir einen Menschen davon überzeugt, dass Segelfliegen nicht nur langweiliges Kreisen alter Männer mit komischen Hüten in weißen Kunststoffschüsseln ist.
Der Sonntag ist ebenfalls nochmal richtig schön. Kaum sind die Flieger draußen und gecheckt, stehen die ersten Gäste auf der Matte. Ein wirklich attraktive junge Frau mit einer knuffigen Tochter und (leider) dem dazugehörigen Vater will mitfliegen. „Irgendwelche Flugerfahrung?“ versuche ich die potenzielle Kotzgefahr zu erfragen und bekomme eine ernüchternde Antwort. „Gar keine. Nichtmal Ferienflieger nach Mallorca. Nichts, noch nie geflogen.“ Sauber, denke ich und drücke ihr mangels ordentlicher Kotztüten einen Müllbeutel in die Hand. Seit meinem Beinahe-Erlebnis mit dem Fotografen im Sommer bereite ich meine Mitflieger entsprechend vor.
Im Detail lässt Sie sich ins Notabsprungverfahren einweisen, stellt Fragen zu Instrumenten und Bedienelementen. Kaum ist die Haube zu, wird es ruhig. Das Seil wird straff, der Bocian rollt und hebt ab. Ach scheiße, ich liebe diesen Kastendrachen. Der fliegt so herrlich unspektakulär, echt idiotensicher. Den Steigflug quittiert meine Begleitung mit Lauten der Begeisterung. Auch das Wegnaschen der letzten Meter mit dem Fahrtüberschuss nach dem Ausklinken kommt gut an. Viel Thermik ist nicht, aber es reicht für ein bisschen Sightseeing. Auch diese Dame versorge ich nach der entsprechenden Nachfrage mit einer kurzen Achterbahnfahrt, und das ungehemmte Lachen vom Rücksitz zeigt einmal mehr, dass die Einlage ihre Wirkung nicht verfehlt. Als wir sanft aufsetzen und ausrollen kann ich mir sicher sein, einen Menschen glücklich gemacht zu haben. „Das muss ich unbedingt nochmal machen, ich komme wieder“, sagt sie, als sie auch ihre zweite Tochter in die Arme schließt, die ihr Mann zwischenzeitlich abgeholt hat. Natürlich muss die Kleine im Bocian erstmal Probesitzen, Papa macht Fotos. Spaß muss sein.
Einen Gästeflug später komme ich endlich dazu, ein Versprechen einzulösen. Über nahezu Sechs Jahre habe ich meinen Chef mit der Leidenschaft für mein Hobby genervt, habe Artikel in epischer Länge über den Segelflug in die Zeitung gebracht und ihm versprochen, ihn mal mitzunehmen, wenn ich endlich die Lizenz habe. Am 27. August ist es so weit. Hanno Taufenbach, Redaktionsleiter des „Prignitzers“ steigt zu dem jungen Mann ins Cockpit, den er journalistisch ausgebildet, häufig gelobt und sicher ebenso häufig verflucht hat. An dieser Stelle sei meinem Chef der Platz eingeräumt, das Erlebnis zu schildern:
Am besten hat mir gefallen: „Klappe halten, flieg einfach.“
Jaja, wenn sich die Mutti mal äußert… 😀