Als ich mit der DG1001 D-1113 am 7. November vom Flugplatz Niederöblarn abhebe, lasse ich den 33. Flugplatz auf meiner 100-Plätze-100-Flüge-Liste unter mir. 31 Plätze davon habe ich in den ziemlich genau drei Jahren abgearbeitet, die meine praktische Prüfung nun her ist. Ist das jetzt gut oder schlecht? Ich würde es mal als solide bezeichnen. In jedem Fall hat sich das, was ich mir von der Aktion erhofft habe, bewahrheitet. Ich habe viele Fliegerkameraden kennengelernt, habe erfahren, wie in anderen Vereinen Segelflug organisiert wird und was andere besser oder schlechter machen als die Vereine, in denen ich Mitglied bin. Und ich bin dabei gut rumgekommen. Im Norden war es Kiel, im Westen Wershofen, im Osten Rothenburg/Görlitz und im Süden der bislang letzte Platz – Niederöblarn. Bedingt durch die BBSW und meine jetzige Mitgliedschaft in einem Hahnweide-Verein gibt es zwei Konzentrationspunkte, einmal um die Mönchsheide herum – übrigens Flugplatz nummer drei und der erste, auf dem ich nach der Ausbildung geflogen bin (Grüße an den LVM!!) – und auf der Schwäbischen Alb, wo ich neben der Hahnweide noch Hayingen und den Übersberg besucht habe. Beide Landungen waren nicht freiwillig, aber die Hayinger hatten was zu trinken für mich und auf dem Übersberg gab’s Pflaumenkuchen. Also alles richtig gemacht. (Weiterhin zu empfehlen: Apfelkuchen in Hinterweiler und Eis in Daun-Senheld). In jedem Fall an dieser Stelle mal ein Dankeschön an alle, die mich entweder wieder in die Luft geschossen, zurückgeschleppt oder bis zum Eintreffen der Rückholer ausgehalten haben.
Die Flüge in Niederöblarn waren – ähnlich wie die ein gutes Jahr zuvor Aigen – wieder „Abfallprodukt“ einer Dienstreise. Demnächst werden im aerokurier Artikel über den mutmaßlich jüngsten Kunstflugschüler aller Zeiten und den einst jüngsten Fluglehrer Österreichs, der ihn ausgebildet hat, sowie über die Alpenflugschule in Niederöblarn erscheinen. Und um mir über letztere und ihre Umgebung selbst ein Urteil zu bilden, musste ich mir das ganze freilich von oben anschauen. Zunächst hat mich Finn-Luca, im Gegensatz zu mir bereits mit Kunstflugberechtigung ausgestattet (und das ein paar Tage nach seinem 16. Geburtstag!!), einmal ordentlich durchgeschleudert und mir vor Augen geführt, dass man Loops auch mit 5 g fliegen kann. Eher digitaler Stil, ich fliege meine mit dreikommafünf. Der Aufstieg auf Turnhöhe war allerdings hammermäßig: Schlepp auf 1200 Meter AGL, bisschen suchen, und dann war sie da: die Grimming-Welle. Bei konstant zwei Meter Steigen einfach geradeaus, bis auf 2500 Meter AGL. Es war irre. Einzig und allein das Gedröhne im Cockpit hat das Flugerlebnis getrübt, denn die Club-DG hat ein Festfahrwerk, und das hört man deutlich.
Am Nachmittag hat sich Lukas Huber, besagter ehemels jüngster Fluglehrer, mit mir nochmal in die DG getraut. Erstens sollte die auch in meine Typenliste, zweitens bot das die Chance, mal wieder zu turnen. Also nochmal Schlepp auf 1500 AGL. Zunächst gibts die obligatorische Fotosession und dann heißt es: Feuer frei. Die 1001 trudelt wirklich fantastisch. Einleiten klappt super, sie dreht sauber und lässt sich zielsicher ausleiten. Loop ist für Doofe, aber das trifft wahrscheinlich auf fast alle Flugzeuge zu, die nicht so auf Acro getrimmt sind wie die Fox. Für die Rolle ist viel weniger Ausheben nötig als beim Perkoz. Den musste man bei Tempo 170 ungefähr 30 Grad nach oben lupfen, bei der DG reichen zehn Grad, damit die Rolle nicht im satten Bahnneigungsflug endet. Das hat mir Lukas aber erst gesagt, als ich die erste Rolle Perkoz-mäßig geflogen war… Überhaupt ist die Rollwenigkeit der DG wirklich ordentlich, zumindest verglichen mit dem, was ich bisher an Doppelsitzern gewöhnt bin. Ein Duo ist zwar auch agil, hat aber eben noch zwei Meter mehr Spannweite. Und die merkt man da. Nach gut zehn Minuten Geturne ist die Höhe abgeflogen und wir eiern in die Platzrunde. Im engen Ennstal am Fuße des Grimming ist für das klassische Pattern zu wenig Platz. So führt der Gegenanflug auf die 04 im Spitzen Winkel darauf zu und endet in einer 180°-Kurve zum Endanflug hin. In der Landung ist die DG auch unproblematisch, die Klappen wirken gut und das gefederte Fahrwerk fängt den Landestoß ziemlich weich ab.
Am Tag darauf ist noch ein kurzer Turnflug drin, bei dem ich das Grundprogramm durchprobiere und merke, dass hier und da noch Feintuning notwendig ist, bevor das jemand gutheißen und mir den Stempel in den Ausbildungsnachweis drücken kann. In jedem Fall ist Niederöblarn ein absoluter Tipp für Piloten, die fliegen, aber auch ihrer Familie etwas bieten wollen. Das Hotel ist direkt am Flugplatz, und im Übernachtungspreis ist die Nutzung aller Sportanlagen mit eingeschlossen. Und es gibt eine Sauna!! Ein Traum! Danke an Finn, Lukas und Flugleiter Tibor, es hat Spaß gemacht bei Euch!
Mit dem Schulgleiter in der Waschküche
Was ist furchtlos, hat 44 Beine und steht bei sechs Grad, 15 Knoten Wind und Nieselregen auf der Wasserkuppe? Richtig. `Ne Horde Segelflieger, die back to the roots will. Also richtig back. So ganz ohne Rumpfboot und Instrumente. Und ohne in Seilwinde oder Schleppflugzeug verpackte Motorkraft.
Auch mein zweiter Besuch auf der Wasserkuppe – beim ersten gings ums Oldtimerfliegen allgemein, den habe ich in der aerokurier-Ausgabe 11/2017 umfänglich abgehandelt (und bei der dafür notwendigen Vor-Ort-Recherche endlich die aviatische Bildungslücke Ka 6E geschlossen) – ist auch wieder dienstlicher Natur. Thema Gummiselstart. Was braucht man dafür, wie gehts, wie fühlt es sich an. Vom OSC kam nur lapidar: „Komm vorbei, die Reinheimer, die an diesem Wochenende da sind, haben ohnehin noch Personalbedarf.“ Gesagt – getan. So sitze ich am dritten Oktoberwochenende in illustrer Runde im Clubraum des OSC Wasserkuppe und lausche den Ausführungen der Fluglehrer, die sich darüber auslassen, wie unkompliziert so ein Schulgleiter zu fliegen ist. Dann lautet das Kommando: „Sonne kommt raus, aushallen!!“
Der Schulgleiter wird aus der Halle geschachtelt und auf den Transportwagen geprotzt, ich hänge mir den Anhänger mit dem ganzen Startgeraffel ans Auto und ziehe ihn zum Start am Weltenseglerhang. Jetzt wirds historisch, und zwar so richtig. Da, wo einst NSFK-Kadetten ihre ersten Hüpfer gemacht haben, wollen auch wir uns den Wind um die Nase wehen lassen.
Die ersten Starts verfolge ich aus der Fotografen-Perspektive seitlich am Hang stehend. Die Kommandos sind die gleichen wie anno dazumal: „Pilot fertig?“ – „Fertig!“ – „Haltemannschaft fertig?“ – „Fertig!“ „Seilmannschaft fertig?“ – „Fertig!“ – „Ausziehen! – Laufen! – Los!“ Kaum hat der Startleiter das letzte Wort durch seine stilechte Blech-Flüstertüte gebrüllt, nimmt der SG 38 Fahrt auf und schnellt in einer Höhe von acht bis zehn Metern über Grund den Weltensegler-Hang hinab. Das Flugerlebnis – wenn man denn einen Hüpfer von 20 bis 30 Sekunden als Flug bezeichnen mag – ist für jene, die zum ersten Mal auf dem „Bock“ sitzen, wohl so ähnlich wie der erste Alleinflug oder der erste Kunstflug. Aufregend, atemberaubend und in jedem Fall für die Ewigkeit! Und jedem, der seine Feuertaufe bestanden hat, scheinen die Mundwinkel ans Ohr getackert.
Nach jedem Hüpfer zerrt ein alter Trecker den SG 38 wieder den Hang hoch. Immer wieder werden Gewichtsangaben gebrüllt, denn mit jedem schwereren Piloten muss Trimmblei ausgebaut werden. „Noch wer mit 75?“ brüllt der Startleiter. Jetzt isses so weit. „Hier“, plärre ich durch den Wind zurück. Aufsteigen, anschnallen. Fluglehrer Jörg gibt letzte Steueranweisungen, die sich in etwa so anhören: Nicht zu stark ziehen, sonst verlierst du Geschwindigkeit und der Flug wird kürzer. Ansonsten einfach fliegen.“
Der Puls steigt, und es ist schon aufregend, als die Gummihunde loslaufen und der SG zu zittern beginnt. Das „Los“-Kommando nehme ich kaum wahr, dafür umso mehr, wie sich der Wind in mein Gesicht beißt, als der Gleiter losschnellt und ich abhebe. Es ist ein phänomenales Gefühl und ich grinse mir einen ab. Ich steuere wie automatisch und nach vielleicht 23 Sekunden ist alles vorbei. Gelandet, geschafft. Und wieder ein einigermaßen exquisites Muster im Flugbuch. Auch hier ein Dank an alle, die das möglich gemacht haben.
Und das ganze noch im Video:
Zwei Oldies abgehakt
Schließlich sei hier noch kurz das 20. Kleine Segelflug-Oldtimertreffen erwähnt, das in diesem Jahr in Jena-Schöngleina stattgefunden hat. Hier traf ich mich mit meinen Perleberger Kameraden, die ihren Phoebus C dabei hatten. Auch Manfred und Gunter aus Taucha waren da, und mit Manfreds Siebert Sie 3 und dem FES 530 Lehrmeister aus Pirna sind noch zwei weitere Muster in meine „Gestartet-geflogen-gelandet“-Liste gekommen. Schön wars und danke an den Fliegerklub Carl Zeiss Jena für die tolle Orga! Und nicht zuletzt an Andi für den tollen Abschlussflug im Jenaer Duo – wohl der schönste, den ich je geflogen bin!
Darüber hinaus gabs noch so einige Episoden in diesem Jahr, die aufgrund akuter Faulheit und/oder Zeitmangel nicht den Weg in diesen Blog gefunden haben. Deswegen einfach noch ein paar Bildchen, die schöne Einblicke in mein Segelflugjahr 2017 geben.